Eigener Anspruch – Perfektionismus oder falscher Ehrgeiz

Ich sage immer: „Ich muss mit mir zufrieden sein“. Und habe mir längst abgewöhnt mich an anderen zu orientieren. In Schulzeiten waren Sätze wie „ich war heute die Beste“, oder „die meisten waren schlechter als ich“ an der Tagesordnung. Meine Eltern hatten mich stets gelehrt, mich an den Besten zu orientieren. Spätestens im Studium setzte ich eigene Prioritäten und entschied selbst was gut genug für mich ist - immer Aufwand und Nutzen im Auge behaltend. Sagt Euch das Paretoprinzip etwas? Das besagt, dass 80 % der Ergebnisse mit 20 % des Gesamtaufwandes erreicht werden. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass man für die letzten 20%, 80% der Zeit und des Aufwandes investieren muss. In manchen Fällen ist es das definitiv wert, aber bei anderen Dingen bewerte ich schon genau den Nutzen und Aufwand. Besonders im Privatleben macht mich diese Lebenseinstellung glücklich und schenkt mir mehr Freizeit. Zum Beispiel beim wöchentlichen Haushaltsplan: Es gibt grundsätzlich wichtige Plichten, die müssen gemacht werden wie Müll rausbringen, Geschirr abwaschen, Fußböden wischen und Blumen gießen. Dann gibt es aber wiederum Aufgaben im Haushalt die mache ich nur wenn ich wirklich einmal Zeit habe oder sie unbedingt notwendig sind. Ich habe bestimmt schon seit 2 Jahren keine Fenster mehr geputzt und Staub wische ich auch nur wenn er mich stört oder sich Gäste angemeldet haben. Auch bei Familien-Fotobüchern verliere ich mich nicht mehr im Detail, weil ich am Ende immer noch was zu mäkeln habe. Im schlimmsten Fall kann ich das Fotobuch nicht fertigstellen, weil es zu lange dauert und mir dann was dazwischenkommt. Für mich funktioniert das 80:20-Prinzip privat sehr gut und die Frage ist, sollte ich das auch im geschäftlichen Bereich berücksichtigen? Hier ist es vor allem wichtig zu Priorisieren. Denn es geht nicht darum Aufgaben nur halbherzig oder schludrig zu erledigen. Auch kann man nicht einfach sagen, gewisse Aufgaben, wie E-Mails beantworten, sind unproduktiv, deswegen lasse ich sie weg. Wo kann ich dieses Prinzip also für mich im Berufsalltag überhaupt anwenden?

  • Beim Einarbeiten in die myfactory wäre es doch gut, schonmal 80% der Software zu kennen, anstatt mich in Details und Unterordnern der Unterordner zu verlieren. Erst einmal die großen Punkte kennen lernen, die von den Kunden und uns täglich genutzt werden;
  • Arbeitsabläufe verbessern, nicht in den Details verlieren, denn 80% Verbesserung sind ein guter Fortschritt;
  • Bei Facebook-Posts lieber ein Aussagekräftiges Bild, als langer Text;

Wo kann ich dieses Prinzip nicht mit meinem Gewissen vereinbaren:

  • Bei allen Angelegenheiten die mit Geld zu tun haben. Da bin ich sehr gründlich, rechne lieber noch ein zweites Mal nach und möchte in diesem Bereich 100% geben
  • Bei allen Herausforderungen in der Kundenbetreuung. Da habe ich den Anspruch, zeitnah und gewissenhaft die Erwartungen zu erfüllen, Tickets entsprechend genau zu bearbeiten und zu kommunizieren.

Aber der Anspruch etwas zu 100%ig richtig machen zu wollen schließt leider keine Fehler aus. Und so musste ich mir letzte Woche, nachdem ich alle Rechnungen aufgrund eines einzigen Hakens doppelt erstellt habe, etwas eingestehen: Keine Fehler machen zu wollen, ist auch ein Fehler. Denn hätte ich den Haken nicht fälschlicherweise gesetzt, hätte ich den Prozess wahrscheinlich nicht verstanden. Aus Fehlern lernt man, Fehler sind menschlich, Fehler kann man korrigieren.

 

Allen ein schönes Wochenende!

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