Neuer Freitag, neues Thema: Diese Woche habe ich richtige Zukunftsmusik für euch im Gepäck. Kennt ihr die Geschenke-Problematik? Jedes Jahr stehen Geburtstage und andere Festivitäten an, die ein persönliches und kreatives Geschenk erfordern. Auch dieses Problem wird in Zukunft noch viiiiiiel kniffliger werden, denn es werden mehr…
Warum mehr?
Es ist kein Geheimnis, dass die Menschen statistisch gesehen immer älter werden. Die Gründe hierfür liegen in verschiedenen Bereichen versteckt. Nur die Wenigsten von uns lassen ihr Leben bei der Nahrungsbeschaffung. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich zuletzt beim Sammeln von Beeren von einem hungrigen Säbelzahntiger angegriffen wurde. Ihr vielleicht?
Unsere Ernährung hat sich gewandelt. Der fettfreie Soja-Chai-Latte in Grande mit Cranberry-Flavour muss jetzt nicht unbedingt gesünder sein, als die klassische Tasse Kaffee, aber wir haben -unbestreitbar- mehr Möglichkeiten. In wie weit die tausenden von „E´s“ in unseren Lebensmittel positiv zu unserem gesunden Lebensstil beitragen, sei mal dahingestellt. Vielleicht ist das Konzept auch die völlige Konservierung unserer Selbst!? Das weiß ich natürlich nicht.
Unser Lebensstil hat sich gewandelt. Gehörte Anfang des 20. Jahrhunderts beispielsweise noch ein undurchdringbarer Qualm-Vorhang in allen Räumlichkeiten zum guten Ton, schreiben wir heute den Nichtraucherschutz groß. Die Raucherzahlen sind rückläufig. Ob das an der permanenten Raucher-Diskrimminierung oder an der Vernunft der nicht-süchtigenden Menschen liegt… keine Ahnung, aber die Entwicklung finde ich gut. Rauchen kann krank machen, oder sogar zum Tode führen. Das ist ein Fakt.
Unabhängig davon, ob durch´s Rauchen oder nicht: Auch die einfachsten Krankheiten konnten in den vergangenen Jahrhunderten zum Tode führen. Entweder starben die Betroffenen an der Krankheit selbst, an fragwürdigen Behandlungs- oder Operationsmethoden oder einfach am Nichterkennen der Symptome. Viele der todbringenden Krankheiten sind heute entweder ausgestorben (wie die genannten todbringenden Säbelzahntiger übrigens auch) oder unsere Medizin hat sie ziemlich im Griff. Freilich gibt es nach wie vor Krankheiten, deren Erforschung noch aussteht, oder noch nicht zufriedenstellend fortgeschritten ist – aber man arbeitet daran. Diesen Umständen und noch einigen anderen verdanken wir auf jeden Fall, dass zu unserer kurzen Zeit auf dieser Erde ein paar Extra-Jahre on top kommen.
Winzige Götter in weiß
Vor allem die aktuellen und perspektivischen Entwicklungen im Bereich innovative Medizin möchte ich heute beleuchten.
Anfang des Jahres verbrachte ich in regelmäßigen Abständen einige Zeit im Uniklinikum Jena. Gleich beim ersten Mal entdeckte ich sie: die großen, klobigen Essenwagen-Roboter. Das sind ja mal wirklich tolle Teile! Sie bewegen sich vollkommen selbstständig zwischen ihrem Bestimmungsort und ihrer Homebase hin und her. Geraten sie an ein Hinderniss, bitten sie es freundlich, beiseite zu treten – in Endlosschleife wenn es sein muss. Ich war fasziniert… bis ich von Nanobots erfahren habe.
Kennt ihr Nanobots? Nein? Erinnert ihr euch an die Kinderserie „Es war einmal… das Leben“? Das ist die Zukunft! Also mehr oder weniger. Nanobots sind geschrumpfte Menschen und ihre Fahrzeuge in Einem, also quasi das medizinische DHL (oder Hermes/UPS/ Sonstiges für die mit schlechten DHL-Erfahrungen) im menschlichen Körper. Sie werden injiziert, um ihren „Zustellungsauftrag“ zu erfüllen. Der Vorteil liegt auf der Hand. Diese intelligenten Dinger bringen ihre Ladung direkt zum Empfänger, ohne vorher eine Abholbenachrichtigung in den Briefkasten zu werfen. Sie finden selbstständig den Ort, an dem sie gebraucht werden. Eine Innovation beispielsweise für die Krebsbekämpfung. Vorbei wären die Zeiten von Chemotherapien, die den ganzen Körper angreifen und schwächen. Sämtliche Nebenwirkungen diverser Therapien könnten reduziert werden, da tatsächlich nur betroffene Regionen behandelt würden. Auch alle anderen Krankheiten, die partiell auftreten, könnten ziemlich punktgenau von Innen bekämpft werden.
Sind die Nanobots einmal am Start, könnte man sie auch als Späher einsetzen. Auf ihrer Reise durch unseren Körper treffen sie immerhin sicher auch auf die ein oder andere Unklarheit, eine Anomalie oder Gefährdungspotenzial. Unsere Nanobot-Polizei könnte reagieren. „Achtung, Gefahr!“, Meldung nach Außen. „Krankheitsbekämpfung im Frühstadium einleiten.“, ZACK – erledigt!
Nanobots wären dazu in der Lage, DNA zu korrigieren – und damit Erbkrankheiten, die bekanntermaßen durch Mutationen oder Fehler in einzelnen Chromosomen oder Chromosonabschnitten enstehen, schon im Mutterleib einfach zu reparieren.
Pimp my deoxyribonucleic acid
Um zu verstehen, welche Möglichkeiten hinter der DNA-Korrektur durch Nanobots stehen, müssen wir uns kurz ins Gedächtnis rufen, welche Informationen wir überhaupt in unserer DNA finden. Nicht nur Erbkrankheiten, Größe, Haut-, Haar- und Augenfarbe sind theoretisch zu lesen, sondern auch Intelligenz, Kreativität, musikalische Talente und Vorlieben sind hier festgelegt. Ganz oberflächlich betrachtet, ist unsere DNA ein Bauplan. Damit wird klar, dass uns die Möglichkeit der DNA-Korrektur gottgleiche Macht verschafft. In der Praxis veranschaulicht bedeutet das, dass wir plötzlich aus einem Kallax-Regal von Ikea einen Fernseher von Siemens bauen könnten. Spätestens jetzt sollte allen aufgefallen sein, dass wir in Richtung „Designer-Menschen“ rutschen. Das widerrum wirft eine ganz wichtige Frage auf: DNA-Korrektur oder DNA-Manipulation? Zwei Bezeichnungen für eine Möglichkeit, die die Kluft zwischen Chancen und Risiken besonders schön unterstreicht. Was wir daraus machen, liegt wie immer bei uns.
Im Jungbrunnen badet man nicht
Wusstet ihr, dass auch unsere maximale Lebenszeit genetisch festgelegt ist? Auch diese Information steht versteckt im Mysterium DNA. Natürlich beeinflusst diese Information unsere tatsächliche Lebensdauer nicht alleine. Bei äußeren Einflüssen sind auch der DNA die Hände gebunden. Zum Leben gehört das gefürchtete Altern, welches in jedem Fall mit dem Tode endet. Aus medizinischer Sicht beginnt der menschliche Alterungsprozess übrigens mit ca. 35 Jahren. Woran wir es erkennen? Graue Haare. Falten. Erschöpfung. Was wir dagegen tun können? Cleopatra hat in Milch und Honig gebadet, um ihre wunderschöne Haut zu erhalten. Doch das Bad im Jungbrunnen wurde überholt. Heute spritzen wir Botox oder Eigenfett. Perspektivisch könnten die genannten Nanobots unsere Zellen am Altern hindern, oder deren Neubildung unterstützen. Wir könnten ewig aussehen, wie mit 35. Blöd für Menschen wie George Clooney oder Richard Gere, die mit dem Alter erst ihr charismatisches Äußeres ausprägen konnten, gut jedoch für alle anderen. Alt werden wollen alle, alt sein jedoch keiner. Unsere Nanobots könnten uns der Umsetzung des alterslosen Alters wesentlich näher bringen. Und wir müssten uns garnicht so weit umstellen. Ersetze Botox durch Nanobots und Schwupps – die Jungbrunnen-Injektion wurde modernisiert. Nicht nur die Optik würde so beeinflusst werden. Auch der altersbedingte Abbau von Muskulatur, der Verlust von Hirnleistung oder die Verschlechterung der Sehkraft würden kein Problem mehr darstellen, wenn Nanobots unsere Zellen coachen.
Zum Sterben zu schön.
Eines Tages wäre ein natürlicher Tod undenkbar. Wenn eine Mutationen in der Genetik bereits vor dem Start ins Leben korrigiert wurden und die Nanobot-Polizei eines Tages zuverlässig arbeitet, stehen uns die Tore zur Unsterblichkeit weit offen. Unser größtes Problem wird dann der Mensch selber sein, der nicht bereit ist, sich an ein paar Spielregeln zu halten. Klingt verlockend? Nein, das tut es nicht. Habt ihr schonmal darüber nachgedacht, was passiert, wenn ihr endlos Zeit habt? Wenn wirklich nach jedem morgen ein weiterer Tag kommt? Wofür setzt man sich dann noch Ziele? Ist doch eigentlich egal, ob wir jetzt mit dem Fallschirm aus einem Flugzeug hüpfen oder erst in 150 Jahren. Wir werden unsere Ziele aus den Augen verlieren, weil wir alle Zeit der Welt haben. Wir verlieren unseren Antrieb, unsere Motivation. Die Ewigkeit kann ziemlich lange sein. In dieser Vision von Zukunft wird der Tod eine Entscheidung. Nach welchen Kriterien entscheidet der gesunde, schöne, fitte, talentierte, glückliche Mensch, dass es für ihn Zeit ist, zu gehen?
Was tun mit der gewonnen Zeit?
Menschen sind seltsame Wesen. Unsere Erde bietet uns so viele Möglichkeiten – zu Sehen, zu Fühlen, zu Handeln, zu Erleben – und doch schöpfen wir diese nicht annähernd aus. Zumindest die meisten von uns bleiben in Ihrer Komfortzone, um am Ende Ihrer Zeit, die Dinge zu bereuen, die sie verpasst haben. Liebe Leser, vergesst bitte nicht, dass die Zeit meist unser einziger Antrieb ist. Wir sind die Mikroben unseres Universums, gleichmaßen ist die Dauer eines Menschenlebens im Verhältnis zu Zeit und Raum nur ein Wimpernschlag… wenn überhaupt. Seid vernünftig und nutzt euren Bruchteil. Kostet jeden einzelnen Moment aus. Überschreitet Grenzen. Genießt die Zeit. Schenkt auch den kleinen Augenblicken ausreichend Beachtung. Lebt. Noch ist immerhin die Unsterblichkeit Zukunftsmusik auf unserer Playlist.