Ein weiterer Freitag, ein weiteres spannendes Thema. In dieser Woche beschäftigte ich mich mit den ungeahnten Möglichkeiten der Google Now-App.
Wer Andoid nutzt, hat sie meist bereits vorinstalliert: die Google Now-App. Aber auch IPhone-Nutzer müssen nicht traurig sein! Wer nachrüsten will, kann sich im Store mit Google Now eindecken. Google Now ist eine Google-Version für alle mobilen Endgeräte. Einige stellen sich jetzt die Frage, warum Siri-verwöhnte IPhone-Nutzer das tun sollten… und da sind wir auch schon beim ersten fundamentalen Unterschied. Siri ist eine weibliche Stimme, die gefragt werden will. (Typisch Frau werden einige jetzt denken!) Google Now ist eine Suchmaschine, die sucht, OHNE dass wir danach fragen müssen. In wie weit man das auch tatsächlich nutzt, ist jedoch jedem selbst überlassen. Vielen ist garnicht bewusst, was diese App überhaupt alles kann. Weil die Thematik ziemlich komplex ist, wollte ich dem Ganzen einen Blog-Freitag widmen.
Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast…
Weißt du noch, was du am 19.06.2016 gemacht hast? Nein? Macht nix! Google weiß es und sagt es dir mit größtem Vergnügen. Die App hält nämlich nicht nur personalisierte Ansichten bereit, sondern hilft auch, wenn man mal der Justiz oder dem Partner erklären muss, was man letzten Sommer gemacht hat, als man einfach nicht ans Telefon gegangen oder die Schwiegermutter auf der Treppe abgestürzt ist…
Durch die Nutzung unserer mobilen Geräte, senden wir permanent unseren Standort. Damit füttern wir Google, was widerrum auf Grundlage dieser Standorte Staumeldungen generiert, wenn wir auf dem Weg zur Arbeit sind, oder Flugtickets, wenn wir auf dem Weg zum Flughafen sind -letzteres zumindest, wenn wir Gmail nutzen. Auch Vorschläge zu Sehenswürdigkeiten in der Nähe bleiben uns nur verborgen, wenn wir sie deaktivieren. Was uns nicht interessiert, wird einfach weggeschoben. So weit, so gut, so einfach.
Ich weiß etwas, was du nicht weißt…!
Vor nicht allzu langer Zeit, tauchte auf meinem Telefon eine motivierende Information auf. Das erste Mal überhaupt, sagte mir mein Telefon, dass ich im letzten Monat 207,34 km zu Fuß unterwegs war und 35,77 km mit dem Rad. Ich wollte es zwar nicht wissen, es fühlte sich aber trotzdem gut an.
Google Now weiß sogar, wo ich wohne. Und wo ich arbeite. Und dass ich viiiiiiel Zeit im Wald verbringe. Ich habe es der App übrigens nicht verraten… Sie hat die Standorte vollkommen selbstständig korrekt analysiert.
Wie das geht? Lernerfolge durch Aufenthaltsstatistik sind die Lösung.
Erkennt Google, dass ich regelmäßig mit dem Auto zur Arbeit fahre, stellt es mir ungefragt Verkehrsmeldungen zur Verfügung. Bin ich überwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs, kommen stattdessen entsprechende Verbindungen der nächstegelegenen Haltestelle.
Bin ich in einer fremden Stadt, vergesse ich schnell mal, wo konkret ich eigentlich mein Auto abgestellt habe. Das ist aber garnicht mehr schlimm. Google merkt sich den Standort für mich, weil ihm auffällt, dass ich meine Fortbewegungsart ändere.
Natürlich sagt es mir ebenfalls, wie das Wetter ist und ob ich einen Schirm brauche (Fenster zum Nachsehen werden ja auch vollkommen überbewertet!).
Ich hoffe ein bisschen darauf, dass es perspektivisch auch meinen Kleiderschrank kennt und mir beim Aufstehen schon eine Empfehlung gibt, was heute wettergerechte Bekleidung wäre. Das ist jedoch noch Zukunftsmusik.
Ein bisschen denken muss man dann doch noch – trotz Google.
007 – Digital
Auf diese Datenspeicherung und -archivierung kann natürlich nicht nur ich zurückgreifen. Theoretisch kann jeder, der das Passwort kennt (oder sich bemüht hat, es heraus zu finden) meine Standortdaten von überall nachverfolgen. Man kann sich die Daten auch recht einfach exportieren und offline speichern. Wer Spaß an Auswertungen und bewegten Bildern hat, kann sich diese Informationen sogar als unterhaltsame Animation anzeigen lassen. Google Location History ist der Name dieser unglaublichen Funktion, die Eltern- und Hobby-Spion-Herzen höher schlagen lässt.
Nimmt das Handy Kontakt zum Internet auf, zum Beispiel, wenn man eine andere App nutzt oder wenn man seinen Standort ändert und damit die nächstgelegenen Funkmasten wechseln, erscheint ein weiterer roter Punkt auf der Weltkarte. Die Wege zwischen den Punkten werden, angepasst an die Geschwindigkeit mit der man sich bewegt, mit Luftlinien verbunden und so entsteht ein wunderschönes, (mehr oder minder) genaues Bild jeden Tages, welches sich jederzeit komplett rekonstruieren lässt.
Wer schon immer wissen wollte, wo sich das eigene Kind tatsächlich befunden hat, als es „bei einer Freundin oder einem Freund war“, hat hier alle Möglichkeiten. Aber Vorsicht! In ländlichen Gegenden stehen die Funkmasten nicht so eng beieinander. Da kann es schon mal passieren, dass die Punkte innerhalb kürzester Zeit zwischen verschiedenen Standpunkten hin- und herfliegen.
Entscheide selbst!
Ich finde die Möglichkeiten großartig und erschreckend zugleich. Letztendlich haben wir unser Einverständnis für die Datennutzung bereits bei der Erstnutzung gegeben. Aber Nichts ist in Stein gemeißelt. So verhält es sich auch mit Daten. Jederzeit haben wir die Möglichkeit, der Speicherung, Nutzung und Archivierung zu widersprechen, die App zu löschen, oder die Funktionen einfach pausieren zu lassen. Am Ende entscheiden wir dann doch selbst, was geht und was nicht.
Hier teilt sich die Spreu vom Weizen. Man will sich natürlich einerseits nicht derart kontrollieren lassen, auf der anderen Seite aber von all diesen tollen und lebensvereinfachenden Funktionen profitieren. Und seien wir doch mal ehrlich… in der heutigen Zeit wäre die Idee für einen Film wie Ey Mann, wo is mein Auto? absolut undenkbar.
Unsere Neugier und die Leidenschaft für Digitalisierung wiegen letztendlich die Sicherheitsbedenken in den meisten Fällen auf. Gläsern sind wir sowieso schon.
Oder?