In dieser Woche widmet sich der Blog-Beitrag zum Blog-Freitag einem Thema, welches den meisten Lesern bekannt vorkommen müsste. Eine aktuelle Notwendigkeit im privaten Bereich zwang mich vor kurzem dazu, mich mit meinem Mobilfunkvertrag auseinanderzusetzen und was soll ich sagen!? Es war enttäuschend. Ich würde gerne behaupten, dass mich die Erkenntnis überaschend getroffen hat, aber das wäre gelogen. Wenn ich ehrlich sein soll, war mir das Resultat meiner Recherche tief im Inneren bereits vorher klar.
Aber erstmal von vorne….
Eines meiner lebenswichtigen und alltagserhaltenden Gegenstände macht Anstalten, mich altersbedingt zu verlassen. Ich spreche hier nicht von Irgendetwas, sondern von meinem Smartphone. Vermutlich weiß jeder, der diesen Blog liest, welche dramatischen Auswirkungen ein solches Ableben für seinen Besitzer mit sich bringt. Alleine der Gedanke – das muss ich leider zugeben – treibt mir den Angstschweiß auf die Stirn. Ich kam also nicht umhin, prophylaktisch dem Ende meiner ständigen Erreichbarkeit entgegen zu wirken. So geschah das Unausweichliche: Ich kontaktierte den Mobilfunkfachvertreter meines Vertrauens. Dieser hatte auch direkt eine moderate Lösung parat, welche lediglich daraus bestand, meinen bestehenden Vertrag zu verlängern und von meinem Anspruch auf ein neues Smartphone Gebrauch zu machen. „Hm…“, dachte ich, „Das passt ja wieder gut.“ Er bot mir diverse Geräte zur Vertragsverlängerung an und ich sollte mir überlegen, welches davon für mich in Frage kommt. In der Zwischenzeit prüfte er für mich, ob eine Tarifumstellung sinnvoll wäre. Zweifelsohne war ich naiv, zu glauben, es gäbe für langjährige Bestandskunden eine echte Ersparnis zu erzielen… Sein Ergebnis war ernüchternd. Das angebotene Smartphone ließe sich in der Zuzahlung minimal rabattieren, bei gleichbleibendem Tarifbeitrag, oder alternativ ein um 5 € rabattierter Tarifbeitrag für 12 Monate bei Verzicht auf ein neues Telefon. Beides stellte für mich jedoch keine tatsächliche Option dar. Das verwirrte mich und ich begann auf eigene Faust zu recherchieren, gab es doch mehr als genug Möglichkeiten, Informationen zu beziehen.
Gesagt – getan!
Noch während ich meinen Laptop startete, lief im Hintergrund Werbung meines Mobilfunkanbieters. Der dort genannte Tarifbeitrag (übrigens mit besseren Inhalten als dem meinigen) entsprach nur der Hälfte meines monatlichen Rechnungsbetrages. Ich befragte also Google. Der beworbene Tarif war schnell gefunden. DAS (!) war doch mal eine Alternative! …doch warum hat mir mein Fachmann diesen Tarif garnicht erst angeboten!? Die Lösung fand sich -wie so oft- im Kleingedruckten. Also wieder zurück zum Telefon und den Fachmann kontaktiert. Dieser brachte mir dann endgültige Gewissheit. Bei dem beworbenen Tarif handelte es sich um ein Exklusivprodukt für Neukunden…
Über die Diskriminierung von Bestandskunden
Für Bestandskunden wie mich, hat der Anbieter offensichtlich nicht so viel übrig, denn für uns gibt es keinerlei Möglichkeit, auch von den tollen Konditionen zu profitieren. Es kam nicht überaschend, trotzdem traf es mich, wie eine Schaufel am Kopf. Ich ließ meinem Unmut über diese Zustände freien Lauf. (Entschuldige nochmal, du freundlicher Fachmann! Ich weiß, du kannst nichts dafür, aber du bist in dem Moment nunmal das personifizierte Unternehmen gewesen.) Nach einem langen und verärgerten Kundenmonolog kam, was kommen musste. Der Mitarbeiter präsentierte mir die Lösung für meine Diskriminierungsanschuldigung: „Kündigen Sie doch einfach zur nächsten Fälligkeit und schließen einen neuen Vertrag ab! So zählen Sie wieder als Neukunde und können auch von dem Angebot profitieren.“
Der ewige Neukunde
Ist es tatsächlich das, was Unternehmen wollen? Neuabschlüsse für die Statistik? Natürlich ist dieses Konzept nicht in allen Branchen zu finden, aber gerade in der Telekommunikations-, Televisions- und Internetbranche ist diese Entwicklung sehr auffällig. Diese Unternehmen streben nur noch selten eine langfristige Kundenbindung an. Wobei… ganz so einfach ist es nun doch nicht. Man möchte mehr Neukunden akquirieren, als die Zahl der Bestandskunden sinkt, und so ein Unternehmenswachstum simulieren. Qualifizierte Werte erhält man mit Hilfe der einfachen Auswertungen schon lange nicht mehr. Vielzu komplex ist die Vermischung von Neu- und Bestandskunden. Hatte man früher noch eine Vielzahl an Vorteils- oder Rabattaktionen für langjährige Kunden, so wird die Bestandskundenpflege (vorrangig in den genannten Sektoren) sträflich vernachlässigt. Erreicht hat man mit dieser Kundenpolitik vor allem eines: die Erschaffung der völlig neuen Denkweise des ewigen Neukunden in einem immer schneller wachsendem Markt.
Als Kunde in einer Wegwerf-Gesellschaft
Wir leben bekanntermaßen in einer Wergwerf-Gesellschaft. Die Auswirkungen lassen sich in allen Lagern deutlich spüren. Während Bestandskunden inzwischen nicht selten das Gefühl bekommen, als Kunde zweiter Klasse behandelt zu werden, ist es auch für Unternehmen nicht leicht, sich im Haifischbecken zwischen allen Mitbewerbern durchzusetzen. Sind wir Kunden unzufrieden, wird der Anbieter einfach gewechselt. Den Startschuss dieses Verhaltensmusters bieten vorrangig wir „Wendekinder“. Wir waren die erste Generation, welche mit einem verkümmerten Bewusstsein für Mangel aufwuchs, welches seinen Gipfel noch lange nicht erreicht hat. Auch bei der Generation 40+ lassen sich inzwischen die Tendenzen zum ewigen Neukunden deutlich erkennen.
Ein Herz für Bestandskunden
Wir, als ambarics Software & Consulting, arbeiten vorrangig mit kleinen und mittelständischen Unternehmen. Hier tobt nach wie vor ein erbitterter Kampf zwischen Bestandskundenpflege und der exzessive Neukundenakquise-Politik. Es ist ein dramatischer Gang auf Messers Schneide. Auch kleine und mittelständische Unternehmen (kurz: KMUs) brauchen Neukunden zum Wachsen, und doch können sie nicht auf den Erhalt ihrer Bestandskunden verzichten. Mitarbeiter aller kundenorientierter Bereiche vollführen einen ständigen Seiltanz. Man kann es nie allen Recht machen, aber diese Menschen geben ihr Bestes, um es wenigstens zu versuchen. Darum mein Tipp des Tages: Wer Wert darauf legt, mehr als eine Vertragsnummer zu sein und eventuell vorhat, eine Bindung zu seinem Vertragspartner aufzubauen, sollte sich -natürlich nur, wenn es die Gegebenheiten zulassen- immer zuerst das Angebot der ansässigen KMUs ansehen, bevor er sich für den Großkonzern entscheidet.
Neukunden vs. Bestandskunden
Fakt ist, dass für meinen Geschmack die Bestandskundenpflege in vielerlei Branchen sträflich vernachlässigt wird. Ich gehöre zu den eigentlich „wechselfaulen Gewohnheitstieren“. Ich mag es, wenn die Dinge einmal laufen. Ich find es gut, wenn mein Gesprächspartner meinen Namen kennt, oder man mir ein personalisiertes Angebot unterbreitet, weil man meine Unternehmenstreue zu schätzen weiß. Ich gebe zu, dass die vermeintliche Unternehmenstreue häufig nur aus meiner Faulheit resultiert. Ich glaube, dass es vielen Kunden geht, wie mir. Und ich bin davon überzeugt, dass es noch nicht zu spät ist, den Trend zum ewigen Neukunden zu stoppen. Leider hab ich noch keinen konkreten Lösungsansatz zur Rettung der Bestandskundenpflege parat, aber ich arbeite daran.
…und das End´ von der Geschicht´
Wer jetzt der Vollständigkeit halber noch wissen möchte, wie es mit mir und meinem Mobilfunkanbieter weitergeht und auf ein Happy End hofft, den muss ich leider enttäuschen. Die Kündigung meines Mobilfunkvertrages liegt meinem Anbieter bereits vor. Ein Schreiben des Bedauerns wurde mir auch schon zugestellt. Natürlich kann man meine Entscheidung nicht verstehen und hofft, dass ich diese noch einmal überdenke. Aber das werde ich nicht. Ich werde alle meine Hoffnungen in ein neues, anonymes Prepaid-Verhältnis stecken, das neue Smartphone einfach so kaufen und mich über die neue Unabhängigkeit freuen. Alles neu macht die Zukunft.